MastiScreen - Entwicklung eines Verfahrens zur Überwachung des Vorkommens von kuhassoziierten Mastitiserregern in Milchviehherden mit automatischen Melksystemen (AMS)
Hintergrund
Die frühzeitige Erkennung der wichtigsten Mastitiserreger ist für das Eutergesundheitsmanagement von Milchviehherden von entscheidender Bedeutung. Ziel dieses Innovationsprojektes war es, für Herden mit AMS ein Mastitis-Screening zur Früherkennung von Infektionen mit kuhassoziierten Erregern zu entwickeln. Der direkte Erregernachweis ist häufig die einzige Möglichkeit der Früherkennung, da Entzündungsanzeichen bei subklinischer Euterinfektion oft nicht vorliegen. Zur Etablierung des Frühwarnsystems wurden sowohl die PCR-Untersuchung an gepoolten Proben aus der Milchleistungsprüfung (MLP) als auch die bakteriologische Untersuchung von Erstkolostrum für diesen Zweck evaluiert.
Die Untersuchung von gepoolten Milchproben, entweder von einzelnen Proben aus der Milchleistungsprüfung oder von aseptisch gesammelten Viertelgemelksproben kann ein einfach zu handhabendes und kosteneffektives Screening-Instrument auf Herdenebene darstellen. Ziel war es daher, die Sensitivität (Se) und Spezifität (Sp) zweier kommerzieller Multiplex-real time-PCR-Testkits für Milchproben zu bewerten und die Nachweiswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von der Poolgröße und der Anzahl der durch BC positiv getesteten Kühe innerhalb eines Pools zu schätzen.
Projektablauf
Aus 1.912 Proben aus der Milchleistungsprüfung und 7.336 Viertelgemelksproben, die von insgesamt 2.045 Kühen aus zwei Milchviehbetrieben gesammelt wurden, wurden Pools von 10, 20 und 50 Kühen zusammengestellt. Zwei kommerzielle quantitative real-time-PCR-Kits wurden zum Nachweis von Staphylococcus (Staph.) aureus, Streptococcus (Strep.) agalactiae und Strep. dysgalactiae in den gepoolten Proben eingesetzt, und die bakteriologische Kultivierung (BC) wurde auf PMQS angewandt, was zu einem kumulativen Pool-Ergebnis führte. Ein Pool galt als BC-positiv, wenn er mindestens eine BC-positive PMQS enthielt. Die Datenanalyse wurde mit Hilfe einer Bayesianischen Latent-Class-Analyse durchgeführt.
Projektzeitraum
05.02.2018 - 31.01.2021
Projektpartner
- Agrarprodukte Ludwigshof e.G.
- Agrarproduktion GmbH & Co. KG Frauenprießnitz
- Agrargenossenschaft Graitschen e. G.
- Agrargesellschaft Griesheim mbH
- Agrargenossenschaft Linda e.G.
- Thüringer Tierseuchenkasse
Ergebnisse und Veröffentlichungen
Im Abschlussbericht sind die Ergebnisse des Projektes zusammengefasst.
In den Pools aus Viertelgemelksproben wurden häufiger Krankheitserreger nachgewiesen als in den Pools aus Proben aus der Milchleistungsprüfung. Die PCR-Untersuchung von gepoolten MLP-Proben erscheint wenig geeignet. Pools von 10 Kühen wiesen unabhängig vom Probentyp oder PCR-Kit im Vergleich zu größeren Pools die höchste Nachweiswahrscheinlichkeit auf. Die Schätzung mit einer Bayesianischen Latent-Class-Analyse ergab eine mediane Sensitivität in Pools aus Viertelgemelksproben von 10 Kühen für S. aureus von 63,3 % für PCR-Kit I, 78,1 % für PCR II und 95,5 % für BC und eine Spezifität von 97,0, 97,6 % bzw. 89,1 %. Um eine Nachweiswahrscheinlichkeit von 90 % zu erreichen, betrug die geschätzte Anzahl positiver Kühe in Pools aus Viertelgemelksproben von 10 Kühen für Kit I 4,1 für Staph. aureus, 1,5 für Strep. agalactiae und 1,3 für Strep. dysgalactiae; für die entsprechenden Pools aus Proben der Milchleistungsprüfung und Erreger waren 6,9, 1,9 und 2,0 positive Kühe erforderlich.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Art der für die Poolbildung verwendeten Proben, die Poolgröße und die Anzahl der infizierten Kühe pro Pool die Wahrscheinlichkeit bestimmen, eine Infektion mit den wichtigsten Mastitiserregern innerhalb eines Pools durch PCR-Tests nachzuweisen. Die bakteriologische Untersuchung hat eine deutlich höhere Sensitivität als die Untersuchung von Probenpools mittels PCR. Zwar ist der Nachweis des Genoms kuhassoziierter Erreger möglich, jedoch müssen dafür in 20er und 50er Pools eine größere Menge an positiven Milchproben enthalten sein. Eine akzeptable Detektionswahrscheinlichkeit wurde nur in den 10er MLP-Pools erreicht. Die PCR an gepoolten aseptischen Viertelgemelksproben erzielte im Vergleich zu den MLP-Proben bessere Ergebnisse hinsichtlich der Detektionswahrscheinlichkeiten für alle kuhassoziierten Erreger und kann in bestimmten Situationen für ein Bestandsmonitoring eingesetzt werden.
Kolostrum lässt sich im Labor trotz seiner teils recht hohen Viskosität gut verarbeiten und die bakteriologische Untersuchung ist problemlos möglich. Die kuhassoziierten Mastitiserreger sowie andere Mastitiserreger konnten aus Kolostrum von Kühen aus beiden teilnehmenden Betrieben mittels bakteriologischer Untersuchung isoliert werden. Die Nachweisraten im Kolostrum waren bei Sc. agalactiae und Sc. dysgalactiae in beiden Betrieben höher im Vergleich zu Übergangsmilch und reifer Milch. Für S. aureus waren Nachweisraten in Kolostrum und reifer Milch vergleichbar.
Die Bestimmung der Resistenzlage der entsprechend aus dem Kolostrum isolierten Mastitis Erreger ist ebenfalls möglich, was Vergleiche des Resistenzspektrum jeweils zweier Isolate (aus Kolostrum und aus reifer Milch) der gleichen Tiere zeigen. Es wurden insgesamt 36 S. aureus-Isolate und Sc. agalactiae-Isolate verglichen (jeweils 2 Isolate von einer Kuh). Eine Beeinträchtigung der Resistenzdiagnostik durch bakterizide Bestandteile des Kolostrums war nicht festzustellen. Für Sc. dysgalactiae war ein Vergleich der Resistenzlage aufgrund der geringeren Nachweisrate nicht möglich.
Auch wenn die Überwachung der Eutergesundheit betriebsindividuell gestaltet werden muss, ist die Untersuchung von Kolostrumproben ein Baustein mit beträchtlicher diagnostischer Aussagekraft in der Mastitisüberwachung und daher sowohl für Bestriebe mit konventionellem Melksystem als auch mit AMS uneingeschränkt zu empfehlen. Die bisherige Auffassung, dass Kolostrumproben für die bakteriologische Untersuchung auf Grund bakterizider Bestandteile des Kolostrums weniger geeignet seien, ist damit widerlegt.
Fachbeiträge
Klassen A, Dittmar K, Schulz J, Einax E, Donat K
Estimation of the performance of two real-time PCR assays for detection of Staphylococcus aureus, Streptococcus agalactiae and Streptococcus dysgalactiae in pooled milk samples in a field study.
Journal of Dairy Science, 106(12), 9228–9243. https://doi.org/10.3168/jds.2022-21902
Finanzierung
Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER):
Thüringer Programm zur Förderung der Zusammenarbeit in der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft (LFE), Teil A – Tätigkeit von operationellen Gruppen der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP) „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“
Mitarbeiter
Dr. Anne Klassen
Dr. Katja Dittmar